Dienstag, 12. April 2011
Entwaffnende Logik
So können wir in einem fiktiven Tagebucheintrag folgendes lesen:
"Als ich dann gesagt bekommen habe das mich ein Mann namens Ehrenfried Walter von Tschirnhaus beaufsichtigen sollte, dacht ich mir schon, dass ich mit ihm versuchen sollte weißes Gold herzustellen."
Klar. Was sonst.
"Als er mir verriet, dass er Naturforscher und Physiker ist bestätigte sich meine Frage von allein."
Ich bin erleichtert.
Dienstag, 1. März 2011
Kunst für Anfänger
Und wieder mal ist es ein Artikel über die Schule. Und wieder sind es die SchülerInnen und ihre perfekten Antworten, über die ich blogge. Thema ist diesmal ein Grundwissenstest in Klasse 10. Als Primärfarben werden da Rot, Blau und Grün benannt. Denen werden die Komplementärfarben Grün, Orange und Rot zugeordnet. Auch Schwarz und Weiß sind im Angebot. Natürlich kennt man Künstler vor 1900. Als typische Vertreter dieser Zeit werden Kandinsky, Hundertwasser, Max Ernst und Picasso genannt. “Michell Angelo” kennt man aber auch. Nach 1900 haben eigentlich nur Dürer und Bob Ross gearbeitet. Mit ähnlichem Niveau und Erfolg. Wahrscheinlich heißen die Epochen ihrer Arbeit "Barrock" und "Renesance". Beliebtester Künstler ist Leonardo da Vinci, denn er hat die “Mona Lisa gemalt u. sich das Ohr abgeschnitten”. Auf etwa gleicher Stufe steht Frank Elzner, der scheinbar “tolle Drachenbilder mit vielen Details” herstellt. Da kann man selbst noch viel lernen. Die einzige bekannte Drucktechnik neben “Plexiglas” und der “Kalknadelradierung” ist der Kartoffeldruck. Auch die eigenen Kunstdefinitionen sind interessant. “Kunst ist alles was mit Farbe zusammenhängt.” Kunst bedeutet “viel zeichnen, creativ arbeiten...” “Kunst ist das was entsteht, wenn man träumt.” Da muss noch viel getan werden.
Donnerstag, 14. Oktober 2010
Schwarzackerteilrevival
So sitzen wir nun wieder zusammen: Vier von uns, der harte Kern, älter geworden, im Berufsleben verankert oder auch between Jobs trafen sich in der Oberlausitz. Von Anti-Stress-Gesichtsmasken verhüllt, entspannen wir uns, genießen die ländliche Ruhe und atmen tief die passenden Gerüche. Ein Pferd schaut ins Fenster und die Kleiber haben in diesen Breiten auch noch Weiber. Derzeit liegt uns die Tschechenpizza schwer im Magen: Wer kann schon wissen, dass Anchovis Fische sind? Den Tag vertrieben wir uns mit hintergründiger Dichtkunst, unterschichtigem Fernsehen und ausgedehnten Spaziergängen. Gutes Essen, selbstgebackener Käsekuchen und treuherzige Bauern auf Brautschau ließen die Zeit wie im Fluge vergehen. Morgen gehen wir schon wieder getrennte Wege, steuern die nächsten Stationen auf der Liste an: Zwei von uns werden ins alte Leipzig zurückkehren, dem Geruch des Landes den Rücken kehren, shoppen, demonstrieren, ausgehen als Kontrastprogramm zu den letzten Tagen. Die Poren sind nun geweitet. Der Smog kann effektiv eindringen. Da haben sich die Gesichtsmasken gelohnt.
Mittwoch, 19. Mai 2010
Dienstag, 11. Mai 2010
Rheinseiten und Ansichten
Zugegeben, es ist ein bisschen gemein, mit vergleichsweise akzentarmem Deutsch NRW zu infiltrieren. Im Rahmen meiner Undercoveraktion komme ich in den Genuss einer Lehrstunde über mecklenburgische Straßenverhältnisse erteilt von Menschen, die von mir nur wissen, dass ich mal sieben Jahre in Leipzig studiert habe. Hierzulande weiß man jedenfalls mit Sicherheit: „Die Autobahnen im Osten sind jetzt ganz nagelneu und ausgebaut und auch die innerstädtischen Straßen vor allem nördlich von Berlin wurden ja runderneuert.“ – „Alles blitzt und glänzt in Brandenburg.“ Und weil es im Ruhrgebiet den Menschen so schlecht geht und die Pötter längst nicht so sehr glitzern wie die Menschen in den Ostgebieten, sei es doch an der Zeit, den Benachteiligten immerhin nach über zwanzig Jahren die Zahlung des Soli-Beitrages zu erlassen. Die Verhältnisse hätten sich schließlich längst umgekehrt. Auf Nachfrage, wann denn die Ostgebiete zuletzt bereist wurden, folgt nachdenkliches Stirnrunzeln: „Hm, naja, also in Ostberlin waren wir mal in den Achtzigern, aber Berlin hat ja seit der Wende auch seinen Charme zunehmend verloren, nicht wahr?“
Hach, wie gut, dass aus Ostperspektive die Pottgrenzen in Helmstedt gezogen werden. Auch gut, dass die SPD nun Gelegenheit bekommt ihre Konzepte in der Bildungspolitik voranzutreiben. Da gehören Geographie und Sozialkunde hoffentlich auch ganztägig zum Programm. Wenn die Linke schließlich noch Teil der Regierungskoalition wird, dann gibt’s bestimmt ein bissl Aufklärung über „original sozialen“ ostdeutschen Glamour gratis. Ich war übrigens am Sonntag nicht wahlberechtigt, weil ich mich weigerte, im Einbürgerungstest NRW Stellung zu meinem Kopftuch zu nehmen. Aber es gibt Hoffnung, es glitzert, es dämmert.
Samstag, 17. April 2010
Wo bin ich hier eigentlich?
Ich hoffe übrigens, dass man sich das mit der Währung wirklich bald mal überlegt. Für eine einfache Auslandüberweisung müsste ich hier zwischen 15 und 25 Pfund bezahlen - die spinnen, die Briten. Kein Wunder, dass die Schotten unabhängig werden wollen...
Abgesehen davon frage ich mich, ob Lincoln (der Ort, den außerhalb von Lincolnshire niemand kennt, obwohl in der hiesigen Kathedrale sogar ein Teil des Da Vinci Code gedreht wurde) tatsächlich dort ist, wo es auf der Karte geschrieben steht.
Angeblich ist der Himmel über ganz GB von schwarzer Vulkanasche überzogen. Hier strahlt die SOnne am blauen Himmel und von Asche ist weit und breit nichts zu sehen oder zu riechen.
Mit dem Jahreswechsel hieß es, dass in ganz GB Schneechaos herrsche. Man spricht davon hier schon lange bevor man in deutschen Mittelgebirgsregionen daran denken würde, zumal Winterreifen nicht so in sind. Für mehrere Wochen wurden dann überall Schulen geschlossen. Davon wusste ich dennoch nur aus den Nachrichten - bei uns lief alles wie immer.
Meine Mitbewohnerin beginnt gerade damit, ein chinesisches Mittagessen zu kochen, während ich versuche, meinen Erfahrungsbericht zu schreiben, der eigentlich längst fertig sein sollte, mich jedoch zu diversen Blogseiten führte, die ich schon länger vernachlässige. Eigentlich wollte ich für die Chinesin Spaghetti kochen, da es ihr Geburtstag ist und sie diese Speise bisher (unverständlicherweise) noch nie gegessen hat. Aus Italien wird nun leider nichts, ich werde wieder nach China katapultiert, mein (mündliches) Mandarin wird auch besser, ich benötige nur noch wenige Hilfen, um mich vorzustellen, das Geburtstagslied konnte ich ganz allein singen...
Donnerstag, 18. Februar 2010
The Karma-Dilemma
Seit Jahren stecke ich in dem moralischen Zwiespalt, den Billiglohnsektor nicht protegieren zu wollen, weil ich eigentlich dagegen bin, dass jemand von unter 5 Euro Stundenlohn leben muss. Andererseits habe ich im karitativen Ehrenamt viele Jahre nur von Händedrucken und Blumensträußen gelebt und nie beschlich mich das Gefühl, meine Vorgesetzten seien in irgendeiner Form unglücklich darüber. Ich wähle den Mittelweg: "Waschen, Schneiden, Selberföhnen" gibt es bei Caroline für 20 Euro, das ist ebenso unangemessen wie erschwinglich. Zumindest den Zehn-Euro-Friseur boykottiere ich und fühle mich gut dabei. Als die wortkarge Dame mit dem Schneiden fertig ist, beginnt sie zu föhnen. ("Halt! Das ist doch mein Job!" denke ich.) Sie nimmt sich beinahe mehr Zeit fürs Föhnen als für das Schneiden und ich fürchte, dass sie im Minutentakt abrechnen wird. Ich müsste dann mit einer 40-Euro-Rechnung leben. Ich wage es nicht, ihr das Gerät aus der Hand zu reißen. Ich möchte nicht knausrig wirken und es auch nicht sein. Es werden dann schließlich 30 Euro, Caroline ist glücklich. Ich muss also meine Brauen und Barthaare selbst zupfen, Natalie will dafür nämlich immer nen Zehner…
Jetzt, wo ich die Haare schön habe, geht es zum Body Shop. Dort lerne ich, was ein "Body Mist" ist, entscheide mich für die Version "Sparkling Apple" und lasse mir außerdem einen "Curl Boost" aus Baumwollsamen für meine neuen Haare andrehen. Weil mir bei einer Rechnung von 16 Euro noch 4 Euro für einen Treuestempel fehlen, widme ich den Fehlbetrag kurzerhand der Spendenaktion "Stoppt Sex-Handel mit Kindern und Jugendlichen". Die Verkäuferin ist überaus erfreut. Schließlich ahnt sie nicht, dass ich viele Jahre mal den Zehnten gegeben habe. Ich bin also einiges gewohnt und komme mir mit meiner mickrigen 4-Euro-Spende geizig vor. Zu allem Überfluss bekomme dafür nicht nur diesen blöden Stempel. Sie strahlt, kramt in ihrem Schränkchen und teilt mir mit, dass ich, "weil die Spende so hoch war", eine weitere Creme und ein limitiertes Postkarten-Set erhalte. Außerdem könne ich mir aussuchen, von welchem Artikel im Laden sie mir eine Probe abfüllen soll. Ich wähle "süße Zitrone" und bin irritiert. (Als Teenager habe ich mal 50 DM an ein Missionswerk nach Sibirien gespendet, woraufhin ich ca. zehn Jahre lang handgeschriebene Papierbriefe direkt aus Sibirien bekam.) Im Body Shop befällt mich ein ähnliches Gefühl. Was kommt denn da noch bei den Kindern an?Dritte Station Bagel Brothers. Ich nehme ein halbes Dutzend Bagels und 100g Frischkäse. In Gedanken versunken das Rabattverhältnis zwischen einem Dutzend und einem halben Dutzend sowie einzelnen Bagels ausrechnend, zahle ich und verlasse den Laden. Der Betrag klingt mir noch im Ohr und ich stelle fest: Ich habe nur die Bagels bezahlt, den Frischkäse gab es gratis. Lauf ich jetzt zurück? 1.60 nachzahlen? Nee, 3,25 Euro ist ja eigentlich teuer genug für ein paar Brötchen, die nichtmal BIO sind.
Lieber noch schnell zu Netto in den Strohsack und den Einkauf vervollständigen. Ich habe jedoch aus der Frischkäsegeschichte gelernt und bin aufmerksam. Die Kassiererin ist ob der langen Schlange nervös und entsprechend langsam und unkonzentriert. Sie gibt mir 20 Cent zu viel Rückgeld. (Um mir eine Reise zu einer amerikanischen Pfingstgemeinde zu finanzieren, die gerade eine Erweckung erlebte, hab ich im zarten Alter von 16 mal drei Monate bei Kaufland kassiert. Ich weiß also genau, wie man sich fühlt, wenn die Kunden unruhig werden und die Augen verdrehen. Nichts ist schlimmer, als wenn nach Feierabend die blöde Kasse nicht stimmt.) Ich gebe ihr also das Geldstück zurück und ernte einen ähnlich entrückten Blick von dem Mädchen, wie von der Body-Shop-Verkäuferin angesichts meiner Anti-Sex-Spende.
Ich habe eine Friseuse in meditativer Geschwindkeit föhnen lassen, für den Versuch, Kinder vor Sex zu schützen, Geschenke abgesahnt und mir zwar 100g Käse, nicht aber 20 Cent schenken lassen. Unterm Strich bin ich ratlos, wie sich die Karmapolizei zu meinem Verhalten positioniert.
Samstag, 13. Februar 2010
Tell me why I don`t like Mittwochs
4:04 Uhr: Mein Mitbewohner kommt nach Hause. Wir unterhalten uns und stellen fest, dass es doch komisch ist, dass für ihn noch Dienstag ist, während für mich der Mittwoch schon begonnen hat.
4:31: Der Zug fährt in los. Außer mir sitzen noch ein Mann und der Lokführer darin.
4:33 Jena Paradies: Der Mann mit der komischen Mütze und dem Fahrrad, die Frau mit dem Pelzkragen und etwa drei weitere Personen steigen zu. Um diese Zeit sind es fast immer dieselben. Der Zug fährt weiter durch die Nacht, es herrscht Stille. Göschwitz, Rothenstein.
Kahla. Ein Mann steht auf dem gegenüberliegenden Bahnsteig und wartet auf einen Zug, der vielleicht nie kommt.
Orlamünde: Hier trennt sich der Zug in zwei Hälften. Der Mann mit der komischen Mütze steigt aus, schwingt sich auf sein Fahrrad und fährt davon. Der Zug nicht. Szenario “Der Zug ist kaputt”, Möglichkeit 1. Ich frage der Lokführer, ob er in Saalfeld anrufen kann, so dass mein Anschlusszug wartet. Auch die Frau mit dem Pelzkragen fragt, allerdings will sie einen anderen Zug erreichen, der eher fährt. Der Lokführer antwortet: “Ich bin froh, wenn wir hier überhaupt weiter kommen.” Ich auch. Wir setzen uns schicksalsergeben hin und warten.
Falls der Zug weiterfährt folgt Zeutsch: Ein Ort, an dem garantiert nichts geschieht.
Uhlstädt: Hier steigt stets ein älteres, abgearbeitetes Damentrio ein. Ich stelle mir vor, dass sie in einer düsteren Fabrik am Fließband arbeiten müssen, und deshalb schon so zeitig unterwegs sind. Zwei von ihnen steigen in Rudolstadt aus. Hier besteht Möglichkeit 2 für das Szenario “Der Zug bleibt stehen”. Wenn dies passiert, wird man uns eine halbe Stunde später in einen Bus setzen und nach Saalfeld fahren, wo ich natürlich den Anschluss verpasst habe, zwei Stunden warten und die Schule informieren muss, dass ich in den ersten Stunden nicht werde unterrichten können.
Wenn der Zug normal weiterfährt, erreichen wir bald Saalfeld. Dort steige ich in einen Zug, der unbeleuchtet auf einem Gleis wartet. Nach 20 Minuten fahren wir, der Lokführer, ein Schaffner und ich, los. Eine gendergerechte Ansage begrüßt mich mit den Worten “Sehr geehrte Reisende. Wir begrüßen (S)ie ...” Es folgen Wald, Dunkelheit, Bedarfshalte, wenige Reisende und eine stetige ansteigende Menge Schnee. Am Ziel angekommen steige ich aus dem Zug. Die Temperatur ist seit Jena um etwa 10 Grad gefallen, auf dem Bahnsteig sind die Bänke nicht mehr zu sehen, dafür ein Wall von Schnee. Mutig kämpfe ich mich durch zu meinem Arbeitsort.
Samstag, 9. Januar 2010
Mittwoch, 6. Januar 2010
Dienstag, 29. Dezember 2009
Freitag, 18. Dezember 2009
Ein schöner Tag
Montag, 14. Dezember 2009
Freitag, 11. Dezember 2009
131.450 €
Bei 550 Sitzplätzen rechne ich, da ich nirgends Bierbänke gesehen habe, mit 550 Stühlen, die angeschafft wurden. Sofern Thonet die Stühle nicht als Mängelexemplare gespendet hat und ausgehend von einem Listenpreis von 239,- € pro Stuhl sowie einem hoffentlich erzielten Mengenrabatt von 10 % macht das immernoch 118.305,- €, die als Stuhlgeld umgesetzt wurden. Bei einem solchen Betrag wäre es meiner Ansicht nach ratsam gewesen, ein Exemplar ausgiebig zu Testen. Aber die Markenblindheit hat da wohl den Einkäufer (bzw. die Einkäuferin) geschlagen. Der S 43 hat ein für einen Stuhl gravierendes Problem: Bei der kleinsten Arschbackenkontraktion quietscht er, dass es einem durchs Hirn schießt, ganz zu schweigen von den Geräuschen beim Aufstehen und Hinsetzen. Steckt darin etwa ein unterschwelliger Zwang zum Stillsitzen? Hatte Mark Stam ADS und zwang sich so zur Ruhe? Oder hielt man etwa dieses Knarzen und Kratzen für eine angemessene, postmoderne Geräuschkulisse die die Bibliotheksatmosphäre auflockern sollte? Ich zweifle jedenfalls am Verstand der Planer und Planerinnen und prangere die Verschwendung von Studiengebühren und Steuergeldern an. Zudem sind erste unangenehme Folgen aufgrund des entstandenen Lochs im Finanzhaushalt der Campusbibliothek zu spüren: Die Putzkraft, die nachts um drei kommt ist offensichtlich derart unterbezahlt, dass sie "lediglich die Papierkörbe leert" (O-Ton einer Mitarbeiterin). Wer als Benutzer klebrige Arbeitsflächen vorfindet, muss diese selbst reinigen. Dafür ist an der Auskunftstheke ein feuchter rosa Lappen erhältlich, der auch schon bessere Tage gesehen hat. "Herzlich willkommen in der modernsten Bibliothek Deutschlands. Wir wünschen ihnen einen angenehmen Aufenthalt, in dringenden Fällen, dürfen Sie sich setzen."
Mittwoch, 9. Dezember 2009
alleinerziehend
Der kleine Junge macht einen gesunden Eindruck. Er bevorzugt derzeit (naturgemäß) Hammer und Nägel als Spielzeug. Normalerweise wollte ich ihm ein altes Brett geben, in das er die Nägel dann hätte klopfen können, um Präzision und Kraft unter Beweis zu stellen. Mutti hätte ihn auch sicher hoch gelobt. Leider hat der kleine Junge, als Mutti mal kurz nicht hingeschaut hat, die kompletten Küchenwände genutzt, um seine Nägel zu platzieren. Die ostdeutschen Altbauwände sind jedoch sehr gemein hart. Der kleine Junge konnte seine Nägel nur wenige Millimeter versenken. Mindesten 2 cm schauen noch heraus aus der Igelwand. Glücklicherweise hat der kleine Junge die Nägel gleich genutzt, um die Wand zu tapezieren, und zwar mit Blechschildern von nackten Frauen, die mit Bierflaschen posieren. (Wahrscheinlich hat er die von seinem Vater – Gott hab ihn selig – geschnorrt. Der verfolgt mich nun bis in meine Küche.)
Das kleine Mädchen hat neben dem noch kleineren Mädchen noch weitere echte Mädchenhobbies. Aus ihren Kopflöckchen baut sie kleine Nester indem sie die dicken, blonden Ballen in allen Abflüssen unter den Siebeinsätzen versteckt, wo sie glaubt, dass Mutti sie nie findet. Ihr neues Leibgericht heißt „Herdplatte mit Käse überbacken“. Nun, ich finde, das ist wirklich Geschmackssache.
Aber ich will mich nicht nur beschweren: Der große Junge macht gar keinen Ärger. Er ist beinahe so lautlos, dass sich Mutti manchmal Sorgen macht, ob er überhaupt hier ist. Doch dann steht er plötzlich im zwielichtigen Flur und wirft einen langen Schatten. In diesem Moment weiß Mutti: „Alle Kinder leben noch und alle Kinder sind zu Hause.“ Man riecht es, man hört es, man möchte es verdrängen.
Dienstag, 1. Dezember 2009
Freitag, 13. November 2009
ASDA sei Dank
Ob es die Riesenchipstüten in Holzkohlesack-Format waren oder mal wieder die verzweifelte Suche nach einer noch nicht probierten Brotsorte, bei der zur Abwechslung auch nur die geringste Wahrscheinlichkeit besteht, dass der Geschmack auch ohne enorme Mengen von Aufstrich halbwegs erträglich ist oder überhaupt vorhanden, ich ging der Sache erst jetzt nach, der "Google-Gott" macht's möglich. Welch außerordentliche Koinzidenz, dass der große "Twilight-Star" Robert Pattinson den Namen meiner Schule trägt - bleibt zu Hoffen, dass er für seine "Leistungen" nicht auch zum Ritter geschlagen und MP wird. Ich bin jedenfalls froh, dass ich mit ASDA täglich Geld sparen kann UND gleichzeitig auf dem Laufenden bleibe.
Mittwoch, 11. November 2009
Schweinegrippeimpfung
Türklinken werden nichtmehr angefasst, sondern mit Füßen aufgetreten. Fahrstuhlknöpfe betätigt man besser mit Stiften, auf deren Ende man später versehentlich herumkaut...
Ein seriöser und meiner Meinung nach kompetenter Link kann vielleicht helfen, sich eine Meinung zur Schweinegrippenimpfung jenseits der Pharmalobby zu bilden.
Freitag, 6. November 2009
Geigenraten
Mittwoch, 21. Oktober 2009
Drama am Zebrastreifen
http://www.spiegel.de/video/video-1027642.html
Samstag, 10. Oktober 2009
Anagrammatische Doppelnamensgebung
Damals debattierten wir abendfüllend über die feministische Absurdität von Doppelnamen. Besonders ausdrucksstarke Kombinationen wurden kreiert, Namen von bekannten und fiktiven Personen kombiniert. Doppelnamen erfahren eine eigenartige Häufung in der Politik. Man denke nur an Däubler-Gmelin, Göring-Eckardt, Wieczorek-Zeul, Leutheusser-Schnarrenberger, Koch-Mehrin, Schröder-Köpf oder kleinere Lichterinnen wie Lösekrug-Möller, Dinges-Dierig, Dunger-Löper, Schnieber-Jastram, Junge-Reyer und so weiter. Nicht, dass ich die alle kenne.
Ich persönlich habe ein einfaches Kriterium festgelegt, für den Fall, dass ich mich im Laufe meines Lebens zu einer Eheschließung überreden lassen sollte: Für mich kommt ein Doppelname nur dann infrage, wenn er eine ausdrucksstarke Anagrammbildung zulässt. Zurzeit liebäugle ich ja mit einem Namenswechsel. Dann würde ich zwar hier auf dem Blog mein Pseudonym ändern müssen, aber mit dem Anagramm „Naja ehrlich Oma“ könnte ich gut leben. Ob ich es vorziehe, dass mir endlich mal „Joachim real nah“ kommt oder doch lieber „Majorca heil nah“ habe ich noch nicht letztgültig entschieden. Ich könnte den “Leichnam: J. O’Hara“ um Rat fragen.
Um in diesem Artikel auch den geneigten Lesern noch einen kleinen Anknüpfungspunkt zu bieten: Den „Schwarzackerblog“ halte ich für wenig heiratsfähig: Sein „Zwerchsack log bar“ während sein „Zweck arglos brach.“ Da ist nichts mehr zu machen.
Schönes Wochenende bei: anagramme.spieleck.de
Sonntag, 20. September 2009
Home sweet home...
Zur weiteren Überbrückung verbringe ich die letzten Tage in meiner Heimat, was genauer gesagt ein kleineres Dörflein auf dem Lande ist, irgendwo in Westsachsen zwischen Erzgebirge und Vogtland. Auch die Handy-Anbieter haben diese Tatsache offenbar entdeckt, Empfang gibt es hier nämlich überhaupt keinen und zu keinem Zeitpunkt.
Das macht aber nichts, man wird hier hervorragend abgelenkt von dieser Tatsache, indem einem alle Arbeiten, die sonst keiner machen will, aufgedrückt werden. Wer hätte gedacht, dass ich mal Kartoffelmännchen besteln würde?!
Ansonsten ist Familie aber doch ganz nett. Versicherungsvertreter und Ärzte werden hier einfach gleich für alle Bedürftigen der näheren und weiteren Verwandtschaft zum Hausbesuch gebeten.
Ich sehne mich nach einer Stadt und nach dem Schwarzacker!
Mittwoch, 16. September 2009
Geht Karlo zum Schamanen?
Ich flüchte in meine Magisterarbeit und damit in den Mikrokosmos des altehrwürdigen Lesesaals der Deutschen Nationalbibliothek zu Leipzig. Von den schweren Eichentischen sprach ich bereits, an die ich beinahe mein Notebook für immer und ewig festgekettet hätte. Neben dem Mobiliar gibt es immer wieder auch Besucher, die es wert sind, dass man über sie ein Wort verliert: Insbesondere die Pärchen haben meine ungeteilte Aufmerksamkeit, sofern sie einen Tisch in meinem Blickfeld besetzen.
Ein Pärchen, wahrscheinlich beide Tiermedizin studierend, schrieb am gemeinsamen Blog (www.karlos-welt.de). Ich hatte trotz meiner Kurzsichtigkeit den Blogtitel über seine Schulter hinweg erspähen können und wurde hinter seinem Rücken zur heimlichen Blogleserin – live und in Farbe. Thema: Der hauseigene Kater schießt aus Katerperspektive Fotos und kommentiert diese in Katermanier, leider sehr lieblos, was Rechtschreibung und Grammatik angeht und wirklich nicht mein Humor.
Ein weiteres Pärchen erregte über mehrere Wochen meine Aufmerksamkeit. Die lebhaften Hände der beiden ließen vom Schoß des jeweils anderen unterm Tisch nur selten ab. Die Frau prägte zudem die Atmosphäre mit ihrem intensiven, beißenden Körpergeruch, der ihr schon morgens gegen neun Uhr anhaftete. Der pheromongedopte Typ machte es sich zu allem Übel zur Gewohnheit, immer dann, wenn sie sich gerade ein Buch holte oder zur Toilette ging, seinen Wordtext-Bildschirminhalt gegen billige Pornobildchen zu tauschen, um gerade rechtzeitig zu ihrer Rückkehr wieder „am Text zu arbeiten“. An drei verschiedenen Tagen wiederholte sich dieses Schauspiel, sodass ich von einer gewissen Regelmäßigkeit ausgehe und meinen Platz seither sehr sorgfältig in weiter Ferne derselben wähle.
Ein dritter Banknachbar beglückte mich in dieser Woche mit einer äußerst aufschlussreichen Buchauswahl, die ich hier mal kommentarlos und gewohnt vorurteilsfrei visualisiere.
Montag, 14. September 2009
Provinz
Montag, 24. August 2009
Gesucht: Muslimische Jungfrau aus Deutschland.
Schon als ich mich für meinen Sitzplatz entscheide, fällt mir ein dünner, braungebrannter Mann auf, der ein zart rosa Hemd trägt. Er beobachtet mich mit einem starren Blick, wie ich durch den Gang stolpere und mich schließlich zwei Reihen vor ihn setze. Während der folgenden Stunde darf ich dem gut verständlichen Zuggespräch zwischen ihm und seiner zufälligen Zugbekanntschaft, einem 23-jährigen Studenten aus Köln beiwohnen. Beide haben sich soeben als Iraner bekanntgemacht und nutzen den angenehmen Zufall des deckungsgleichen Migrationshintergrunds zu einem Schwätzchen auf Deutsch. Den rosa Mann, den ich auf mindestens Mitte dreißig schätze, nenne ich Haschem. Zu dem muskulösen, gepflegten Studenten, der ein wesentlich besseres Deutsch spricht, passt der Name Ali. Ali ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Sehr zur Verwunderung Haschems ist er jedoch mit seinen 23 Jahren weder verheiratet, noch Vater vieler Kinder. Ali ist überzeugt: Seine Traumfrau muss zwar auch in Deutschland aufgewachsen sein, jedoch eine fromme Muslima und auf jeden Fall Jungfrau. Haschem pflichtet ihm bei und meint, er habe seine Frau im Iran gekauft. 31.000 Euro habe ihn das gekostet, mit der Hochzeit insgesamt 70.000. Ali hat sicher noch nicht so viel gespart. Haschem predigt eindringlich: "Jungfrau muss sein. Hörst du?! Das ist das Allerwichtigste. Und wenn sich dann nach der Hochzeit herausstellt, dass sie nicht Jungfrau war, Vater muss zweimal Brautpreis bezahlen." Ali nickt: "Es ist aber auch sehr schwer hier in Deutschland eine gute Frau zu finden. Die sind alle so beeinflusst durch die Medien, das Fernsehen und so weiter. Und außerdem: Wenn eine Frau schon mehrere Beziehung hatte, dann kann sie den Mann besser einschätzen, dann hat sie Erfahrung." Haschem: "Ja, das ist nicht gut. Es ist sehr schwer hier in Deutschland. Deshalb habe ich Frau in Iran geholt." Ich steige aus.
Andere Szene: Erst letzte Woche schnappte ich einen Gesprächsfetzen zwischen zwei arabischen Typen vorm Supermarkt auf, denen die Erleichterung ins Gesicht geschrieben stand und die einander auf die Schulter klopften, weil sie nicht mehr arbeitslos waren. Ich freute mich über ein winziges Zeugnis von Integration und war stolz auf mein Heimatland.
Mit der Zugszene im Kopf, wird mir auch eine Schattenseite klar: Diese ehrwürdige Toleranz bringt auch mit sich, dass man offensichtlich in einem mehrheitlich von Europäern besetzten Zugabteil in verständlichen, klaren Worten Frauen diskriminieren kann, ohne irgendeinen Einspruch befürchten zu müssen. Soll ich darauf etwa stolz sein?
Samstag, 15. August 2009
Langeweile, Nostalgie und Realitätsverdrängung
Vor zwei Tagen war ich in Bielefeld. Langweilig ist, dass ich nicht die erste bin, die das behauptet und noch langweiliger ist die Tatsache, dass es wieder niemand glauben wird.
Ich sehne mich nach einer guten Serie, die mich davon abhält über die Langeweile nachzudenken, die offenbar früher oder später überall einkehrt.
Hoffen wir das Beste für den Schwarzacker und sein Blog...
Mittwoch, 12. August 2009
Gegenwelten
Dienstag, 11. August 2009
Welt ohne Fernsehen und Sex
P.S. „Ein Intellektueller ist ein Mensch, dessen Geist sich selbst beobachtet.“ (Albert Camus)
Freitag, 7. August 2009
Googlegott, der du bist im Internetz...
Auch wenn die Werbung vom Todes-Test offensichtlich eine computergenerierte Übersetzung ist, schätze ich dieses Kleinod in meiner Muttersprache besonders. Vielleicht erfahre ich hier, wann ich sterben muss, oder auch, ob ich jemanden umbringen werde, ohne es zu merken. Vielleicht eine Fliege oder einen Käfer? Wenn aber 5 Tonnen nur 2,99 Euro? Kosten, dann kann ich mir sehr viele Fliegenmorde leisten. Bei einem Durchschnittsgewicht von 75 kg kann ich für einen "e" auch 22 Menschen ins Jenseits befördern bzw. nur 4,5 cent pro Korpus berappen. Doch mit dem Tod habe ich nicht so viel am Hut. Ich bin am Leben interessiert und deshalb begeistert mich natürlich shopping.com mit seinem Angebot: Hier wird bewiesen, dass man für Geld doch alles kaufen kann. Sollte ich mich für eine Autobahnbaustelle entscheiden, kann ich im gleichen Laden auch die passenden Bauarbeiten erwerben. Ich spare sicher auch Porto, wenn ich eine Gesamtlieferung akzeptiere. Wunderbar! Das Internetz erfüllt alle meine Träume von Leben und Tod. Danke, Googlegott!
Donnerstag, 6. August 2009
Leipzig-Jena-Lobenstein
Donnerstag, 23. Juli 2009
Sex oder Religion – Grenzen der freien Entfaltung
Früher war alles besser
Montag, 13. Juli 2009
(P)INsecure
Nun, die Werkseinstellung von 0-0-0-0 konnte unmöglich bleiben, also änderte ich diese auf ein nostalgisches Datum. Im zweiten Denkschritt fiel mir jedoch ein, dass das sicher viele machten und dementsprechend auch viele den jeweils anderen unterstellten und dies wiederum die Kombinationsmöglichkeiten von 10.000 Möglichkeiten auf nur noch 366 herabsetzte. Ein enormer Sicherheitsverlust. Umgehend machte ich mich daran, die Kombination erneut zu ändern: Dazu musste man den großen Knopf mit dem Finger und eine kleine Vertiefung mit einem Stift gleichzeitig gedrückt halten. Ich stellte nun eine todsichere Kombination ein und lies Stift und Knopf locker, um die Rädchen wieder zu verdrehen. Leider klemmte der kleine Knopf und hüpfte erst irgendwann unbemerkt aus seiner Vertiefung - zu einem Zeitpunkt, an dem ich keine Achtung mehr auf die eingestellte Kombination hatte. Um es kurz zu machen: Das Schloss besitzt nun eine Zahlenkombination, die es nur selbst kennt. Ich habe inzwischen 2100 Kombinationen ausprobiert, immer fein in Hunderterschritten vorantasten, bis der Finger blutet. Leider erfolglos. Auch ein schönes Hackvideo half nichts, da meine Version den Schlitz, in den ich mit einem Streifen Coladose eindringen soll, um den Durchschuss der Rädchen zu finden, nicht besitzt. Davon abgesehen besitze ich auch keine Coladose. Die Verkäuferin hatte Recht. Ich kann mich also nichtmal bei Saturn beschweren...
S. hat mir erneut Schloss und Schlüssel für diese Woche geliehen.
Sonntag, 12. Juli 2009
Das Ende eines Studiums.
Bleibt noch die Nachhausefahrt mit dem Fahrrad. Immer wenn ich kein Licht habe, also fast immer, fürchte ich, dass mich spätestens kurz vor dem Schwarzacker die Polizei anhält. Dabei hätte ich mir jegliches Bangen über 5 Jahre hinweg sparen können, hätte ich gewusst, dass das nichtvorhandene Licht ignoriert wird, wenn man über eine rote Ampel fährt und die Kurzsichtigkeit/Nachtblindheit schon soweit fortgeschritten ist, dass das moderne europäisierte Polizeiauto mit Dresdner Kennzeichen völlig überraschend vor einem steht. Immerhin, die beiden Diensthabenden (manch eine würde sagen: eine Gutaussehende und ein Sachse) erklären mir recht freundlich, dass der Betrag sich vor einigen Monaten von 25€ auf 45€ erhöht hat. Mir fällt mein Alg-II-Bescheid ein: Der Staat gibt es, und der Staat nimmt es. Vielleicht muss ich vorbildliches Verhalten noch lernen, bevor ich möglicherweise selbst irgendwann in den Staatsdienst trete. Oder ich fahre nachts einfach trotzdem über rote Ampeln, weil die Straße nun einmal leer ist. Vielleicht ist es gut, dass man in Deutschland noch was von Ordnung hält. Vielleicht ein bisschen zu viel. Ich soll mir Licht besorgen. Für einen Augenblick sehne ich mich danach, in einem anderen Land zu leben, in dem man weder die Bedeutung von Hartz IV, noch die von roten Ampeln und verkehrssicheren Fahrrädern kennt.
Freitag, 3. Juli 2009
Verhinderung des Sommerlochs
Donnerstag, 25. Juni 2009
tempus fugit
Ein Geburtstag bietet auch immer die Gelegenheit, kurz und verstohlen zurück zu blicken. Damit die Rückschau nicht langweilig wird, ein paar wenige Superlative und die bescheidene Analyse der sonstigen Ergebnisse:
C. ist nach diesem Jahr die unangefochtene Siegerin in puncto Produktivität unter den AutorInnen. D., der sich äußerst selten zu Wort meldete, gewinnt, was das Kommentar-Verhältnis angeht. Die sechs AutorInnen scheinen gewissermaßen eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu spiegeln. Die Oberschicht setzt sich zusammen aus S. und den Hexen. Die Unterschicht aus den beiden Frischlingen (L. & D.) und der Weggezogenen A. Konsequent und hartnäckig geweigert, am kommunitären Reden teilzunehmen, hat sich der gleichnamige M. Folgerichtig wird er auch bei der großen Schwarzackerparty nicht mitfeiern dürfen. Da bleiben wir hart. Sein Mangel an Respekt vor der Tradition verletzt den Stolz der Elite zutiefst.
"So jung kommen wir nicht mehr zu sammen"- und "So schön wird's nie wieder sein"-Hymnen werden auf dem Schwarzacker nur sehr leise gesummt, wenn überhaupt. Die Schwarzackerinnen sind keine Kinder von Traurigkeit. Am 15. Juli 2009 werden alle Gefühlsduseleien ab 20 Uhr in hartem Alkohol ertränkt und der 11er-Hinterhof rockt. Alle Leser und Anverwandte sind herzlich eingeladen, die letzten Momente der Gegenwart und Anwesenheit (fast) aller zu zelebrieren.
Zunächst kann ich die beiden Stimmen für die Unentschlossenen-Option abziehen, denn das sind meine eigenen. Bleiben noch 11 WählerInnen. Ein(e) einzige(r) ist der Meinung, dass eh keiner das Blog liest. Herzlichen Glückwunsch zu so viel Nüchternheit! Hier zeigt sich wohl der einzige Leser oder die einzige Leserin, der oder die der Wahrheit ins Auge blicken konnte. Ich unterstelle hier eine gewisse Antwortkonsistenz und gehe nun für die restlichen Stimmen von zehn WählerInnen aus - die von Extremwerten bereinigte Auswahl.
Fünf Stimmen repräsentieren die Unsterblichkeitsphantasien der Abstimmenden und repräsentieren damit die transzendenzaffine Esoterikfraktion in der Leserschaft - immerhin die Hälfte. Ebensoviele Stimmen bestätigen die Vermutung einer emotionale Leserbindung ("liebgewonnen"). Zwei Abstimmende möchten das Blog gar zur Trennungsschmerzbewältigung nutzen. (Im Rahmen meiner Abschlussarbeit zur Onlineseelsorge kann ich mich Ihnen an dieser Stelle als Austauschpartnerin anbieten.)
Die größte Fraktion, 90 Prozent!, rechnet mit neuen Themen im neuen Leben. Einer solchen Votierung kann sich auch eine kulturpessimistische Protestantin nicht verschließen. Freilich, die Tradition erlebt immer wieder Abbrüche und Neuaufbrüche - Interpretation, Umdeutung und Weiterentwicklung. Doch die gruppendynamischen Prozesse sind unwiderruflich der Erosion preisgegeben. Ist das Kollektiv, das die Tradition trägt und bewahrt, vollständig entbehrlich? Ich habe viele Fragen, doch an einem Geburtstag soll man auch nicht zu viel lamentieren: Ich gratuliere der virtuellen Jubilarin "Schwarzackerblog" und wünsche ihr für ihr neues Lebensjahr eine neue Vitalität, geprägt von neuen Themen, gewürzt mit einer Prise Nostalgie. Ich bin gespannt und lasse mich überraschen.
Montag, 25. Mai 2009
Fünf Zucker - fünf Milch
Auf halber Strecke zwischen Köln und Leipzig, in Hannover, füllt sich der Zug schlagartig. Ich sitze mit einer anderen weiblichen Schönheit an einem Vierertisch, gegenüber versetzt, um der Beinfreiheit Willen. Ein hagerer Herr nähert sich, mit Mühe einen abgewetzten Alukoffer schleppend, sieht auf meine Handtasche, die neben mir den Sitz belegt und fragt eher rhetorisch: „Hier ist doch noch frei?!“ Ich blicke wortlos auf, räume den Sitz leer und will mich gerade wieder dem Eckstein widmen, da sehe ich eine Frau im Stechschritt hinter dem Typen herkommen. Entrüstet zischt sie ihn an, dass er das nächste Mal gefälligst vorsichtig mit seinem Koffer sein solle und mehr aufpassen und Rücksicht nehmen. Er schenkt ihr keinerlei Beachtung und hievt genervt sein verbeultes Gepäckstück auf die Ablage, wo es bei jeder Be- und Entschleunigung des Zuges zwischen zwei Trennwänden pendelt. Die Dame wirkt irritiert, hilflos, geht an ihren Platz zurück. Ist er ihr etwa über den Fuß gefahren? Ich habe nichts gesehen, aber meine geschlechtersolidarische Neigung lässt mich den Kerl sofort als arrogantes Arschloch einstufen. Er hat sich nicht wofür auch immer entschuldigt und auch nicht nachgefragt, was denn passiert sei. Das ist für mich ein schweigendes Eingeständnis.
Kaum fünf Sekunden sitzend, den Laptop aufgeklappt, fragt er mich, was ich dächte, wie lange ich die Steckdose noch benutzen wollte. „Es sind zwei.“, antworte ich. Nun, das war zwar keine Antwort auf seine Frage, aber was wollte ich ihm damit sagen? Etwa, dass wir uns gar nicht um eine Steckdose streiten müssen? Langsam dämmert ihm, was ich meine. Beobachtungsgabe scheint nicht zu seinen Stärken zu gehören.
Der rollende Krämerladen der Bahn nähert sich leise von hinten: Mister Ignorant bestellt Kaffee und quetscht den Pappbecher zwischen unsere beiden Notebooks, wo er bereits sein Mousepad deplatziert hat – ein Buch von Richard David Precht über „Lenin“, der „nur bis Lüdenscheid“ kam. Ich denke, im Zug wäre mir eine Maus, noch dazu mit Pad viel zu umständlich und Platz raubend, noch dazu ein dickes Buch. Eventuell ist ja sein Touchpad defekt, überlege ich entschuldigend. Nun, ein Kaffee kommt selten allein. Mein Nachbar gewinnt die Eigenschaft „exzentrisch“ hinzu. Der Grund sind exakt fünf aufgerissene Milchbecher, die er wie eine Balustrade vor sein Notebook gruppiert, sowie exakt fünf Tütchen Auszugszucker. Alle zehn Behälter werden in den Kaffeebecher geleert.
Das Handy klingelt. Sein Akku macht gleich die Mücke. Leute wie er haben normalerweise Blackberries und jammern nicht über Akklaufzeiten. Er redet von Lesungen und Illner und dass er auf dem Weg „in den Osten“ sei. Das lässt mich aufhorchen. Er lobt Fotostrecken, in denen er eine Erde, nein, eine Handvoll Erde in der Hand habe. Er bedankt sich für eine gelungene Produktion und warnt vor der Veröffentlichung unvorteilhafter Bilder. Eigen-PR scheint er zu beherrschen, wo es ihm berechenbar nützt. Höflich zu Lieschen Müller kann er nicht sein.
Langsam dämmert mir auch, woher ich dieses Gesicht kenne: Ich habe ihn bei Beckmann im Fernsehen gesehen. Die Realität ist enttäuschend. Er entbehrt hier im Unterschichtabteil jeder eloquenten Demut. Vielleicht wirkt die Umgebung auf ihn, wie Blattwerk auf ein Chamäleon. Vielleicht hat er die Anpassung längst perfektioniert. Später am Abend lese ich über sein nächstes Buchprojekt und bin ab da überzeugt, dass ich Zeugin einer Feldstudie im Selbstversuch wurde: „Die meisten Menschen wollen gut sein, sind es aber nicht. Wie kommt das eigentlich?“
Die Buchbranche scheint ihn momentan von Hotelzimmer zu Hotelzimmer zu hetzen. Die Pseudo-Intellektuellen haben schließlich seinen Marktwert entdeckt, ein Philosoph, der dem Volk aufs Maul schaut und auf die Finger. Ich schaue wiederum ihm auf die Finger und entdecke: Sein rechter Zeigefinger bewältigt die komplette Texteingabe. Der linke Zeigefinger wird lediglich zur Betätigung der Shift-Taste gebraucht. Wie kann man Bücher mit anderthalb Fingern schreiben? Meine ganze Bewunderung gilt dieser Technik. Meine ganze Bewunderung gilt am Ende deshalb Richard David Precht, dem ich kurz vor Ankunft seine halbvolle Apfelschorle klaue, nur um seine DNA in meiner Handtasche mit nach Hause nehmen zu können. Naja, eigentlich nur, damit ich darüber dann auch bloggen kann. Eine weitere Inszenierung in diesem Theater.
Samstag, 23. Mai 2009
Alte Blogger
Übrigens: Vögel singen unter verschärften Lebensbedingungen noch kunstvoller. Eine Studie an 29 Arten von Spottdrosseln hat das jetzt gezeigt.
Freitag, 22. Mai 2009
Ist ein Blog unsterblich!
Der Schwarzackerblog hingegen geht seinem ersten Geburtstag auch ohne bedrohliche Kampfsituation in einem elementaren Schwächezustand entgegen. Dabei hatte es so vielversprechend angefangen. Eine grafische Darstellung soll den Verlauf übersichtlich visualisieren.
Mir ist gerade ein wenig mulmig im Magen, weil ich die Zick-Zack-Linie minutenlang angestarrt habe und sie mir dennoch ein Rätsel blieb. Die Extremwerte im Oktober und November sind nicht plausibel zu erklären. Doch Biographien sind heutzutage von Brüchen geprägt, Einschnitte sind nicht zwingend vorhersehbar. Immer wieder finden sich neu Formen, neue Rituale, neue Abschnittsgefährtinnen. Die Schwarzackerära in ihrer Ursprungsbesetzung geht inzwischen vorhersehbar ihrem Ende entgegen. Ein letztes Aufbäumen gegen diese dunkle Zukunft hielte ich für eine angemessene Reaktion. Ich rufe alle AutorInnen zur digitalen Reanimation auf: Sendet Balladen und Trauergesänge, stimmt Nostalgie-Hymnen und Lobhudeleien an, schwingt Büttenreden und erdenkt Meditationen. Der virtuelle Textraum ist nur noch wenige Wochen geöffnet und wird in diesem Rahmen noch in diesem Sommer für immer geschlossen werden. Kein Blog ist unsterblich, nur die Erinnerung kann uns niemand nehmen. *schluchz*
Sonntag, 3. Mai 2009
Von Schweinen und Menschen
In Deutschland scheinen die Menschen trotz einiger aufgetretener Fälle der Erkrankung ruhig zu bleiben. In Bochum allerdings sieht man in der U-Bahn vereinzelt feine ältere Damen, die sich ihr geblümtes Taschentüchlein vor Nase und Mund pressen und beunruhigt um sich blicken. Hat da gerade einer geniest?
Donnerstag, 30. April 2009
Kulturreflexion
Irgendwie gehört alles zusammen, bereitet Probleme, Unverständnis, aber auch Faszination. Ich ertappe mich bei dem Gedanken, dass ich gern wüsste, warum das dunkelhäutige Mädchen in Deutschland lebt, wie sich der Alte mit der Wasserpfeife hier fühlt und wie es in seiner Heimat aussieht, ob die türkische Mutter unterdrückt wird oder glücklich ist, ob sie die Farben ihrer Heimat und die Sonne vermissen, ob sie die Deutschen mögen...
Ich weiß, wenn ich wieder in Sachsen leben sollte, werde ich das alles vermissen, werde vergeblich frisches Fladenbrot in kleinen nach der weiten Welt duftenden Läden suchen und Kartoffeln essen.
Fritten mit Sommergartensauce
Heute jedoch scheint erstmals die Sonne und so beschließe ich, bevor ich übermorgen wieder gen Osten fahre, die Innenstadt zu erkunden und irgendwo zu Mittag zu essen. In der Fußgängerzone sehe ich schon von Weitem eine mittelmäßig lange Warteschlange an einem Imbiss. Den Andrang nehme ich als ein Zeichen für Qualität. Vermutlich gibt es dort zwar keine Bananen, aber sicher eine andere seltene Köstlichkeit, für die man sich im Westen in der Mittagspause bereitwillig anstellt. Als ich näher komme, erkenne ich eine Pommes-Bude. Hm, enttäuschend. Reflexartig weiche ich wieder einen Schritt zurück, beobachte das Treiben einige Minuten und rekapituliere, wie lange es her ist, dass ich Pommes gegessen habe: Zugegeben, an D.s Diplomfeier habe ich S. eine Pommes vom Teller geklaut, aber für mich habe ich seit Jahren keine Pommes mehr irgendwo bestellt.
Ich beschließe, mir dieses Diätvergnügen zu gönnen und stelle mich an der inzwischen etwas kürzeren Schlange an. Mir bleibt also nicht viel Zeit, zu überlegen, welche der ca. 25 angebotenen Saucen und Dips ich haben möchte. Mal sehen. Was nehmen denn die anderen? Die Oma vor mir bestellt eine große Portion „Fritten mit Sommergartensauce“. Mmh, das klingt nach leckerem, leichtem Gemüse. Das würde ich auch gerne nehmen, nur kann ich die Sommergartensauce auf den Menütafeln nirgends entdecken. Vielleicht ein Geheimtipp? Doch noch bevor Oma ihre Portion serviert bekommt, werde ich nach meinem Wunsch gefragt. Ich bin überfordert, bestelle eine kleine Portion mit Curryketchup und suche nebenher noch immer vergeblich nach Omas Sauce. Dann bekommt sie ihr Essen: „Einmal Fritten mit Sauerbratensauce!“ Ich hatte mich wohl verhört. Angesichts der rotbraunen Pampe mit fetten Fleischklumpen, die in die Lücken ihres Frittengerüstes hinein rinnt, bin ich erleichtert, ein profanes Ketchup erwischt zu haben, setze mich mit meinem Tütchen auf einen Stein in der Sonne und freue mich über Kalorien für 2,50 €.
Montag, 27. April 2009
Das gemeine Hausschwein...
Dienstag, 7. April 2009
Schwarzackerdiplomfeier
Montag, 23. März 2009
Samstag, 21. März 2009
Politik...
Donnerstag, 19. März 2009
USF
Sonntag, 15. März 2009
Mittwoch, 11. März 2009
Amok
P.S.: Wenn wir einem von euch helfen können, schreibt uns.
Sonntag, 8. März 2009
Kerze aus - Kerze an
Filme...
Montag, 2. März 2009
Regen und eine verpasste Tram...
Als ich auf die Schwarzackerstraße komme, fällt mir die Matratze auf dem Gehweg nach mehr als 4 Wochen immer noch ins Auge, erinnert mich an alte Sofas im Eingangsbereich, streitenden Paare im Haus während alle schlafen, eingeschlagene Eingangstürscheiben etc.
Dienstag, 24. Februar 2009
Hilfe, ich werde diskriminiert!
Samstag, 21. Februar 2009
Hunger
Dienstag, 17. Februar 2009
Schreibblockade
Seit langem denk ich darüber nach, euch mal wieder an meiner Weisheit teilhaben zu lassen und mich hier im Blog auszulassen. Ich sitz grad in der Bibliothek und "versauere". Wie es jedem großen Schriftsteller und Poeten irgendwann mal gehen muss, geht es mir gerade. Ich sitze vor einem Abschnitt und weiß nicht, was ich schreiben soll. Eine Stunde vergeht, zwei Stunden, drei... und kein Buchstabe mehr füllt das Blatt.
Es scheint wie ein Krampf in den Fingern zu sein, der es mir nicht erlaubt, einen Buchstaben zu drücken. (Das Bedienen der Maus zum durchsurfen des Internets als Ablenkungsmanöver klappt natürlich noch einwandfrei!!!)
Oft versucht man die ganze Sache zu beschönigen und totzureden, aber nun ist gerade der Punkt gekommen, an dem es ausgesprochen werden muss. Das sind die deutlichen Anzeichen einer "Schreibblockade" und wir alle wissen, dass in einem solchen Fall dringend ärztliche Hilfe aufgesucht werden muss. Doch für solche Maßnahmen bleibt mir keine Zeit. Die Uhr tickt gegen mich, es sind nur noch wenige Tage Zeit und dann zählt keine Schokolade als Ausrede, dann müssen Ergebnisse stehen.
Darum will ich schnell den unterhaltsamen Arktikel beenden und mich der Verfassung des Wissenschaftlichen widmen. In der Hoffnung, dass das Verfassen dieser Zeilen auch die Schreibblockade gelöst hat.
Sonntag, 15. Februar 2009
Nachruf
gingst du von deinen Lieben fort.
Hab tausend Dank für deine Müh',
vergessen werden wir dich nie.
Heute in den Morgenstunden ging Eschaton nach harten Stunden des Kampfes von uns. Wir werden das possierliche kleine Tierchen nie vergessen, und danken ihm für die Freude und die Zuwendung, die er in den letzten Jahren in unser aller Leben gebracht hat. Er lässt viele Freunde zurück und ging nun als letzter von seinen 51 Geschwistern schließlich auch.
Die Trauerfeier findet heute nachmittag im Stötteritzer Wäldchen statt. Nähere Informationen dazu gibt es direkt über die Schwarzackerhotline.
In tiefer Trauer,
der Schwarzacker C, D, E, L, M, S, die ehemaligen A, S, T und alle Freunde.
Wenn Liebe eine Leiter wäre,
und Erinnerungen die Stufen,
würden wir hinaufsteigen
um Dich zu uns zurück zu holen.