Montag, 14. September 2009

Provinz

Am interessantesten sind doch immer die Leute, die man an einem neuen Ort kennenlernt. Ob das nun die Lehrerin ist, die mich anspricht mit den Worten: “Als ich sie das erste mal sah, da fiel so das Licht auf sie und es lief mir eiskalt den Rücken hinunter.” Natürlich wundert man sich über eine solche Aussage. Doch die Erklärung folgt: Ich sähe genauso aus wie die im letzten Jahr an Krebs recht jung verstorbenen Arztfrau von L. Natürlich hat sie das dem Arzt sofort mitgeteilt, der wohl etwas verstört darauf reagiert hat. Mir wurde geraten, nicht in seine Praxis zu gehen, da er wahrscheinlich nicht damit umgehen könne. Oder die Sekretärin, die vor mir, bevor sie mir meine Kopiernummer aushändigt, ihre neue bei Otto bestellte und eben angekommene Bluse auslegt, um meine Meinung dazu zu hören, welches Unterteil man dazu kombinieren könne. Oder der Lokführer, der mit mir früh 4.15 Uhr auf den verspäteten Zug wartet und mir mitteilt, dass das Leben vorbei ist, wenn man erstmal arbeitet, vor allem wenn man einen solchen Fahrplan hat wie er. Kein abendliches Bier mehr mit den Kumpels. Er wartet auf die Rente, obwohl er sicher nicht älter als 45 ist. Er fragt mich, was ich um diese Uhrzeit hier täte, da er mich doch letzte Woche schon sah. Ich erzähle ihm von L. Sein Kommentar dazu ist: “Alles Inzucht da unten. Da kam ja niemand hin. War ja fast Sperrgebiet. Die haben sich immer nur untereinander gepaart.” Im Zug sitzt eine Frau, die mit ernstem Gesicht einen Test zum Thema “Welcher Salztyp bin ich?” macht. Ich muss ein bisschen lachen und harre der nächsten Begegnung mit einem dieser spaßigen Inzuchtmenschen.

1 Kommentar:

Samuel hat gesagt…

Ach ja... Euer Blog ist ja immer noch der geilste. ;)

vlg aus Kopenhagen
samuzel